Das Essen in der Kantine: Wie Berufstätige in Deutschland essen
Typologie der Kantinen-Esser–"Aber bitte ohne Soße"
Die Salat-Streber
Daran erkennt man sie: Egal wie das Tagesangebot aussieht - diese Spezies steuert in jeder Mittagspause auf die Salatbar zu. Grüner Salat, ein paar Tomaten, geraspelte Karotten - und vielleicht noch mal ein paar Stücke Feta-Käse oder eingelegte Oliven. Hauptsache, Vitamine. Auf die Theke mit den Eintopfgerichten oder die Dessertauswahl werfen sie keinen Blick. Und die Bratwurst - viel zu fett für ein Mittagessen! Sie wollen ja schließlich so energiegeladen und frisch wie ein knackiges Salatblatt an ihren Schreibtisch zurückkehren. Gerne sind die Salat-Streber auch Vegetarier oder Veganer, die sich mindestens einmal am Tag darüber beschweren, dass es in der Kantine ja wirklich überhaupt nichts Vernünftiges zu essen gibt.
Die Spar-Menü-Fans
Daran erkennt man sie: Was genau sie am Ende auf dem Teller haben, ist ihnen beinahe egal - Hauptsache, es war billig. Die Kantine ist ihnen natürlich eigentlich viel zu teuer, aber weil man halt doch etwas essen muss, suchen sie sich das Gericht aus, das am wenigsten kostet. Um ein besonders Schnäppchen zu machen, greifen sie dabei gerne zu den Beilagen und kombinieren sie mit einer Schale Suppe. Dabei entstehen dann so phantasievolle Menüs wie Butternudeln mit Spätzle und Soße.
Die Schnellesser
Daran erkennt man sie: Die Mittagspause als Zeit zum Durchatmen und Ausspannen? Nicht für sie. Schnellesser sehen das tägliche Essenfassen als notwendiges Übel eines ansonsten gut strukturierten Arbeitstages. Der Magen muss gefüllt werden, deshalb schnell für ein Gericht entscheiden, hinsetzen, runterschlucken und dann sagen: "Ich muss dann auch schon wieder los."
Die Taktiker
Daran erkennt man sie:Die Mittagspause ist für sie kein Spaß, sondern die einmalige Chance, Punkte bei Vorgesetzten oder Kollegen zu sammeln. Sie verabreden sich gezielt mit Mitarbeitern, die wichtig für die weitere Karriere sein könnten. Je höher der Rang des Essensbegleiters, desto besser. Anstatt über Wetter und Urlaubspläne sprechen sie über wichtige strategische Entscheidungen in der Zukunft und darüber, welche Posten als Nächstes freiwerden könnten. Während der Chef auf seinem Schnitzel kaut, unterbreiten sie ihm ihre Pläne fürs neue Projekt und lassen hier und da einen Hinweis fallen, wie hart sie doch arbeiten und was sie in diesem Jahr schon alles geleistet haben.
Die Zwölf-Uhr-Pedanten
Daran erkennt man sie:"Mahlzeit" verkünden Sie pünktlich um fünf vor zwölf und lassen ihren Stift fallen. Punkt zwölf Uhr muss gegessen werden, darauf haben sie schließlich den ganzen Vormittag hingearbeitet. Jede Minute, die sich das Essen verzögert, baut ihr Körper sichtlich ab - von Energie zum Arbeiten kann keine Rede mehr sein. Wer kurz nach zwölf auf die Schlange an der Kantinenkasse blickt, sieht sie gesammelt in einer Reihe stehen. Wartezeiten an der Kasse nehmen sie in Kauf. Ihre Essenszeit würden sie deswegen nie verschieben.
Die Genießer
Daran erkennt man sie:Sie stehen mit Vorliebe an der Gourmet-Theke und geben den Tagliatelle mit Lachsfilet den Vorzug vor schnödem Linseneintopf mit Wiener Würstchen. Der Preis ist ihnen dabei egal. "Dafür zahl ich auch gern mal sechs Euro" heißt es dann, wenn es ihnen schmeckt. Meist gilt ihr erster Blick am Morgen dem Speiseplan - und die Vorfreude auf das Mittagessen begleitet sie den ganzen Vormittag. Wenn sie dann in der Kantine sitzen, wollen sie auch in Ruhe genießen. Nichts ist ihnen mehr zuwider als beim Essen gehetzt zu werden.
Die Kalorienzähler
Daran erkennt man sie: Ihr Mittagessen suchen sie nicht nach Appetit, sondern nach Fettgehalt und Kalorienzahl aus. Gerne diskutieren sie untereinander vor der Kantinentheke über die Wahl, die am besten in ihren Diätplan passt. Wenn sie sich doch mal für den Braten entscheiden, dann "aber bitte ohne Soße".
Die Hausmanns-Koster
Daran erkennt man sie:In ihrem Mittagessen suchen sie Trost, Heimat und Stärkung zugleich. In der fremden Arbeitswelt sollte wenigstens das Essen ein kleines bisschen nach Zuhause schmecken. Kartoffelsalat, Maultaschen, Schweinebraten - nur wenn es deftig ist, lässt sich dem täglichen Alltagsfrust trotzen. Und in Zeiten nie endender Umstrukturierungen sollte wenigstens auf dem Teller Beständigkeit herrschen.
Die Brötchen-Schmierer
Daran erkennt man sie: In der Kantine gar nicht. Dort sind sie nämlich so gut wie nie. Das Essen dort ist ihnen zu teuer / zu fettig / zu fleischlastig / zu eintönig. Deshalb verzichten sie lieber ganz darauf und bringen sich ihre eigenen Butterbrote von zu Hause mit. Die verspeisen sie dann genüsslich am Schreibtisch - und müssen dafür noch nicht mal ihre Arbeit unterbrechen.
Die Spaziergänger
Daran erkennt man sie:Das Essen ist für sie nur die Einleitung zum eigentlich wichtigsten Ereignis der Mittagspause: dem Spaziergang an der frischen Luft. Egal wie das Wetter ist, dringender als die Nährstoffe brauchen sie frischen Sauerstoff. Um nicht ganz auf den Kantinen-Komfort zu verzichten, nehmen sie dabei gerne einen Capuccino-to-go mit auf die Reise.
Die Naschkatzen
Daran erkennt man sie:"Jetzt brauch ich noch was Süßes" ist ein Satz aus ihrem Standardrepertoire beim Mittagessen. Ohne Schokolade braucht der Nachmittag gar nicht erst anzufangen. Mehr als die Auswahl der Mittagsgerichte interessiert sie das Dessertangebot. Und ein Schokoriegel aus dem Automaten kehrt immer mit zurück an den Schreibtisch. Schließlich ist der Nachmittag noch lang.
Die Kaffeetarier
Daran erkennt man sie:Sie ernähren sich mehr von Koffein als von sonstigen Nährstoffen. Den Kaffeeautomaten im Büro frequentieren sie mindestens dreimal am Tag und anstatt Mittagspause machen sie lieber mal eine Kaffeepause am Nachmittag in der Cafeteria. Dort gönnen sie sich dann auch mal einen Latte macchiato als Hauptgericht.
Die Außer-Haus-Esser
Daran erkennt man sie:Pünktlich zur Mittagszeit streifen sie ihren Mantel über und verlassen das Haus. Mit dem Kantinenessen belästigen sie sich gar nicht erst. Gegessen wird dort, wo die Leute wirklich kochen können: im Restaurant. Besonders gerne speisen sie dort in der illustren Gesellschaft von Geschäftsfreunden aus anderen Unternehmen oder Ehepartnern.
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Н.Е.